Frau umarmt sich selbst

Egoismus ist gesund

Juli­en Back­haus

Mit die­ser Aus­sa­ge, auch noch als Hea­der, haben Sie ver­mut­lich nicht gerech­net, nicht wahr? Viel­leicht tre­ten auf Ihrer Sei­te sogar inne­re Wider­stän­de auf bei die­sen drei Wor­ten. Nun, dies ist völ­lig nor­mal, glau­ben Sie mir. Den­noch ver­tre­te ich die Ansicht, dass Ego­is­mus gesund für jeden ein­zel­nen Men­schen ist. Ich wer­de in die­sem Arti­kel auch ger­ne mei­ne The­sen aus­füh­ren und unter­mau­ern.

Was ist eigent­lich ein Ego­ist?

Der Grund, wes­halb vie­le Men­schen sofort bei der Über­schrift des Arti­kels Wider­stän­de auf­bau­en, ist die nega­ti­ve Kon­no­ta­ti­on der Begrif­fe „Ego­is­mus“ und „Ego­ist“. Es ist sehr viel wahr­schein­li­cher, dass Sie eine nega­ti­ve Inter­pre­ta­ti­on im Kopf haben als eine posi­ti­ve. In unse­rer Gesell­schaft stellt „Ego­ist“ ein Schimpf­wort dar. Es wird immer dann ver­wen­det, wenn man aus­drü­cken will, dass sich das Gegen­über zu wich­tig nimmt und die eige­nen Inter­es­sen in den Vor­der­grund rückt. Man sol­le sich doch zurück­neh­men und ande­ren Men­schen und Wün­schen den Vor­tritt las­sen, so der gesell­schaft­li­che Grund­te­nor.

Altru­is­mus an den Tag zu legen, ist das Gebot der Stun­de und wird mit Lob belohnt. Ego­is­ten ste­hen für Radi­ka­li­tät, Rück­sichts­lo­sig­keit, Selbst­ver­liebt­heit und Ähn­li­ches. Wer möch­te da schon mit dem Titel „Ego­ist“ bedacht wer­den?!

Ich gebe ger­ne zu, dass es schlech­te Ego­is­ten gibt, die genau für die­ses Nega­tiv­bild ste­hen. Genau­so gibt es jedoch auch gute Ego­is­ten. Die Unter­schie­de zwi­schen die­sen bei­den Grup­pen sind frap­pant, wenn man sich den Hin­ter­grund und die jewei­li­ge Geis­tes­hal­tung vor Augen führt.

Gute Ego­is­ten ver­sus schlech­te Ego­is­ten

Bei­de Typen von Ego­is­ten ver­eint eine Form der Ich-Bezo­gen­heit. Beim einen ist sie jedoch extrem und krank, beim ande­ren ist sie ange­mes­sen und gesund. Die land­läu­fi­ge Mei­nung im Kon­text des Ego­is­mus: Wer ego­is­tisch han­delt, ist dar­auf bedacht, sei­ne eige­nen Wün­sche und Zie­le zu errei­chen. Ihm ist es dabei egal, ob ande­re Per­so­nen zurück­ste­cken müs­sen oder in der Errei­chung ihrer eige­nen Zie­le behin­dert wer­den. Kurz­um: der Ego­ist schert sich einen feuch­ten Keh­richt um sein Umfeld.

Dem ers­ten Satz kann unum­wun­den zuge­stimmt wer­den. Es ist die Auf­ga­be eines jeden Men­schen, eige­ne Zie­le zu ver­fol­gen und sich eige­nen Wün­schen zu ver­schrei­ben. Was wäre es für ein Leben, wenn dem nicht so wäre?

Es ist dabei stets eine Fra­ge, wie man sei­ne eige­nen Zie­le ver­folgt.

Nur, weil eige­ne Zie­le beharr­lich ver­folgt wer­den, ist es kein logisch gül­ti­ger Schluss, dass dies aus­nahms­los auf Kos­ten ande­rer gesche­hen muss, schließ­lich kann ich mei­ne Träu­me auch mit ande­ren gemein­sam errei­chen, viel­leicht ist dies lang­fris­tig auch die ein­zi­ge Mög­lich­keit.

Ego­zen­trik als Schimpf­wort

Wer, wenn nicht ich, soll­te im Mit­tel­punkt des eige­nen Lebens ste­hen? Es ergibt kei­nen Sinn, sich selbst zu ver­nach­läs­si­gen und sich einem ande­ren Men­schen, einem ande­ren Pro­jekt oder Phä­no­men unter­zu­ord­nen. Die­se Form der Selbst­ver­leug­nung ist eine gefähr­li­che Krank­heit, an der vie­le Men­schen lei­den. Lei­der ern­tet die­se Art der Lebens­füh­rung jedoch viel Bei­fall von der Gesell­schaft, weil sie miss­ver­stan­den wird.

Gute Ego­is­ten hin­ge­gen ver­ste­hen es, sich selbst wich­tig zu sein und dadurch die Kraft zu schöp­fen, für ande­re Men­schen eben­falls einen Mehr­wert dar­zu­stel­len.

Es geht dabei nicht um ein „ent­we­der oder“, son­dern um ein „sowohl als auch“. Lei­der wer­den bei­de For­men des Ego­is­mus in einen Topf gewor­fen und folg­lich das Kind mit dem Bade aus­ge­schüt­tet.

Unbän­di­ger Altru­is­mus

Nur, weil es nega­ti­ve For­men eines Phä­no­mens gibt, soll­te man nicht das Phä­no­men als sol­ches ver­teu­feln. Die Gesell­schaft lei­det genau­so, wenn nicht sogar in stär­ke­rem Aus­maß, unter Men­schen, die sich selbst auf­ge­ge­ben haben und über­haupt kei­ne Form der Selbst­lie­be auf­wei­sen. Es sind die­je­ni­gen, die es ande­ren unter allen Umstän­den recht machen möch­ten und dabei unauf­hör­lich „aus­bren­nen“ oder „kapi­tu­lie­ren“.

Die­se Form der Selbst­ver­leug­nung geht oft­mals ein­her mit einem gerin­gen Selbst­ver­trau­en. Wie soll auf die­ser Basis eine gesun­de Bezie­hung zu sich selbst auf­ge­baut wer­den? Wenn ich selbst nicht mein bes­ter Freund bin, wes­halb soll­ten die­sen Job ande­re Men­schen für mich über­neh­men? Mit die­ser Geis­tes­hal­tung bür­det man ande­ren Men­schen viel zu viel auf.

Men­schen, die sich selbst gering­schät­zen, sind dau­ernd auf der Suche nach Bestä­ti­gung von außen. Sie bege­ben sich in Abhän­gig­keits­ver­hält­nis­se zur Außen­welt. Ein guter Ego­ist kennt sei­nen Markt­wert, ist über­zeugt von sei­nen Fähig­kei­ten und weiß, an wel­cher Stel­le er sich selbst ver­bes­sern muss. Da er sich selbst ein guter Freund ist, kann er auch ehr­lich zu sich selbst sein. Eine her­aus­ra­gen­de Basis für psy­chi­sche Gesund­heit.

Über das Glück der Altru­is­ten

Wenn es also stim­men wür­de, dass es glück­lich macht, die eige­ne Agen­da eben nicht zu ver­fol­gen, dann müss­te doch der Groß­teil der Men­schen von Glück erfüllt sein. Dem ist jedoch nicht so und dies, obwohl Zen­tral­eu­ro­pa eines der wohl­ha­bends­ten Gebie­te die­ses Erd­bal­les ist.

Eine Gal­lup-Umfra­ge aus dem Jahr 2018 zeigt, dass sich ledig­lich 15 % der Ange­stell­ten wohl füh­len und gan­ze 71 % sich inner­lich schon auf­ge­ge­ben haben. 5 Mil­lio­nen Deut­sche machen nur mehr Dienst nach Vor­schrift.¹

Die­se Men­schen haben sich inner­lich auf­ge­ge­ben, weil sie eben nicht für sich selbst und ihre Zie­le ein­ste­hen. Dabei beäu­gen und benei­den sie Men­schen, die genau das tun, die guten Ego­is­ten, wel­che ihr Lebens­glück stets im Auge behal­ten und so ein posi­ti­ver Bei­trag auch für ande­re Men­schen sein kön­nen.

Nur, wer über­haupt etwas hat, kann schließ­lich auch geben.

Guter Ego­is­mus ist stets auf der Suche nach Win-Win-Situa­tio­nen

Wie ich bereits aus­ge­führt habe, beschwört der Ego­is­mus nicht zwin­gen­der­wei­se Win-Lose-Situa­tio­nen her­bei. Es ist ein Irr­glau­be, dass es für den Ego­is­ten lang­fris­tig stets die bes­te Opti­on ist, Ell­bo­gen­tech­nik zur Anwen­dung zu brin­gen. Wer ande­re dau­ernd über­vor­teilt, der sorgt lang­fris­tig für Bume­rang-Situa­tio­nen, die sich rächen.

Nur, wer lang­fris­tig für sta­bi­le und gesun­de Part­ner­schaf­ten – beruf­li­che und auch pri­va­te – sorgt, der kann sei­ne eige­ne und die Lebens­qua­li­tät ande­rer maß­geb­lich erhö­hen.

Fazit

Ein guter Ego­ist ist sich selbst wich­tig und sorgt daher für sich und sei­ne Balan­ce. Er möch­te das Maxi­mum aus sei­nem Leben her­aus­ho­len und hat ein gutes Gefühl für sich selbst.

Dies führt dazu, dass er sehr aus­ge­gli­chen und erfüllt ist. Die­se Aus­ge­gli­chen­heit ermög­licht es ihm, ein selbst­be­wuss­tes und unab­hän­gi­ges Leben zu füh­ren, ohne um die Aner­ken­nung ande­rer zu buh­len. Dies nimmt den Druck aus vie­len Situa­tio­nen, da es kei­ne ver­steck­ten Macht­kämp­fe oder Zie­le gibt.

Das Umfeld weiß immer, wor­an es bei einem guten Ego­is­ten ist. Er kom­mu­ni­ziert klar, direkt und authen­tisch. Dies beginnt stets bei ihm selbst und wirkt sich dadurch posi­tiv auf sein Umfeld aus.

¹ https://www.faz.net/aktuell/karriere-hochschule/buero-co/merheit-der-arbeitnehmer-haben-innerlich-schon-gekuendigt-15753720.html

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Bücher des Autors:

EGO Gewinner sind gute Egoisten Cover Bullshit Rules Cover Viel zu ehrliche Erfolgszitate Cover ERFOLG Cover

Über den Autor:

Julien Backhaus

Juli­en Back­haus ist ein deut­scher Medi­en­un­ter­neh­mer und Best­sel­ler­au­tor. Er ist Trä­ger des Chan­ge Awards und wur­de 2019 zum Man of the Year gewählt. Sein aktu­el­ler Nr.-1-Bestseller heißt „EGO — Gewin­ner sind gute Ego­is­ten“.

Kon­takt: www.backhausverlag.de

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