Wahres Glück schenkt innere Gelassenheit

#glück #selbstwert #perfektionismus #stress #psychotherapie

Dr. Julia Belke

Raus aus dem Stress von Ver­gle­ichen, Leis­tung und Per­fek­tion

Glück ist in der heuti­gen Gesellschaft aufge­laden mit vie­len falschen Bildern und irreführen­den Botschaften. Das Streben nach Glück wird zum Boden für Über­forderung und Selb­stent­frem­dung durch den ständi­gen Zwang nach Per­fek­tion und unbe­gren­zten Opti­mis­mus. Der Blick nach innen und ein gesun­der Selb­st­wert schaf­fen Gren­zen, die uns wieder näher an uns selb­st brin­gen und dem Glück­lich­sein um jeden Preis ein Ende set­zen.

Das unendliche Streben nach Glück

Das Streben nach Glück liegt uns Men­schen seit jeher inne. Schon immer sind wir auf der Suche nach Glück, pos­i­tiv­en Glücks­ge­fühlen und einem Leben ohne Sor­gen. Dabei kann uns der Weg in die falsche Rich­tung führen, indem wir uns von falschen Bildern und Vorstel­lun­gen täuschen lassen. Wir ren­nen dem Glück hin­ter­her und ori­en­tieren uns an Sozialen Medi­en, vielver­sprechen­der Wer­bung, an Promi­nen­ten oder Influ­encern.

Glück­lich­sein um jeden Preis bringt uns immer weit­er weg von uns selb­st. Mit enor­men Anstren­gun­gen ver­suchen wir Ide­al­bildern zu entsprechen und hof­fen oft verge­blich auf das pos­i­tive Glück­sempfind­en. Der Blick nach außen wird wichtiger als der Blick an innen. Doch anstatt glück­lich zu sein, sind wir gefan­gen im Laufrad von Stress, Über­forderung und Unzufrieden­heit.

Das Bild vom Glück ist oft von irreführen­den Vorstel­lun­gen, Illu­sio­nen, Ide­al­bildern und unbe­gren­zten Möglichkeit­en geprägt. Trans­portiert wer­den Bilder von strahlen­den Men­schen, die nie wütend oder frus­tri­ert sind, liebevolle Part­ner­schaften auf Augen­höhe, ver­ständ­nisvolle Nach­barn und Fre­unde, ein motivieren­des Arbeit­sum­feld, ein trainiert­er Kör­p­er und ein makel­los­es Ausse­hen. Das Leben ist voll durchgestylt und soll über die Maßen aus­gekostet wer­den.

Glück­lich­sein um jeden Preis ken­nt keine Gren­zen mehr. Es wer­den Unsum­men an Geld, Leben­szeit und Energie ver­schwen­det, um den Glücksver­sprechen auf dem Markt nachzuren­nen. Für jeden Lebens­bere­ich gibt es unzäh­lige Coach­ing­pro­gramme, um sich immer weit­er zu opti­mieren. „Werde die beste Aus­gabe dein­er Selb­st“ ist das Lebens­mot­to, was Glück ver­spricht. Doch am Ende ist das Glück oft in noch weit­ere Ferne gerückt und die Seele aus­ge­bran­nt.

Perfektion — Der Weg zum Unglücklichsein

Die Glücksin­dus­trie boomt. Glück wird zu ein­er Maske für den Zwang nach Opti­mis­mus, Opti­mierung und Per­fek­tion.

Per­fek­tion kreiert einen Mythos vom Glück­lich­sein. “Je per­fek­ter, desto glück­lich­er” ist die ver­meintlich ein­fache Formel. Doch die Gle­ichung geht nicht auf:
Der Zwang zum Glück­lich­sein führt unweiger­lich zum Mis­ser­folg. Wir lan­den in der Selb­stop­ti­mierungs­falle und scheit­ern am Ende an uns selb­st. Ständi­ges Bew­erten, Ver­gle­ichen und Kon­trol­lieren wer­den tägliche Begleit­er. Der geringe Selb­st­wert, der sich all diesen Glücksver­sprechen hin­gibt, wird immer klein­er. Denn es wird nie genug sein, wenn man sich nur durch die Augen der anderen wahrn­immt anstatt sich selb­st zu spüren.

Der Hang zur Per­fek­tion kostet viel Lebensen­ergie und geht auf einen gerin­gen Selb­st­wert zurück. Dem Opti­mierungswahn und Zwang zum Glück­lich­sein fol­gen auf Dauer Sinnleere und Selb­stent­frem­dung. Die Kom­pen­sa­tion der Selb­stent­frem­dung und Entkör­pe­rung sind wiederum alle For­men des Glückscoach­ings, die diesen Teufel­skreis­lauf aus Über­forderung, Anstren­gung und Ent­täuschung befeuern.

Viele Coach­ings verkaufen die Botschaft „Jed­er Men­sch ist seines Glück­es Schmied“. Das ist eine gefährliche Mes­sage, denn das ist eine unzutr­e­f­fende Inter­pre­ta­tion von Selb­stver­ant­wor­tung. Damit wird Selb­stver­ant­wor­tung ver­bun­den mit per­sön­lich­er Leis­tung und dem narzis­stis­chen Glauben, man kön­nte das Schick­sal mit genug Anstren­gung selb­st bee­in­flussen.

Dieser auss­chließliche Fokus auf das Indi­vidu­um ist jung in der Geschichte. Wir sind die erste Gesellschaft, in der Glück als per­sön­liche Entschei­dung ver­mit­telt wird. Es ist jedoch der Nährbo­den für Intol­er­anz, Igno­ranz und Abw­er­tung. All diejeni­gen, die das Glück nicht in ihr Leben holen, sind am Ende selb­st schuld. Doch nie­mand kann das Schick­sal durch per­sön­liche Anstren­gung bee­in­flussen. Wir sind täglich mit Sit­u­a­tio­nen im Außen kon­fron­tiert, auf die wir keinen Ein­fluss haben. Wir sind nicht allmächtig.

Zu ler­nen, auch mit schwieri­gen Sit­u­a­tio­nen gelassen umzuge­hen, sie als Teil des Lebens zu akzep­tieren und zu inte­gri­eren, lässt das Leben lebendi­ger wer­den und schenkt die ersehnte innere Ruhe.

Ein gesunder Selbstwert ist die Basis für Glück

Glück­lich­sein ste­ht in einem engen Zusam­men­gang mit unserem Selb­st­wert. Je stärk­er unser Selb­st­wert, desto höher ist unser Glück­sempfind­en. Men­schen mit einem gesun­den Selb­st­wert, ori­en­tieren sich weniger an der Mei­n­ung ander­er und machen den eige­nen Wert nicht vom Außen abhängig.

Unser Selb­st­wert trägt maßge­blich zum all­ge­meinen Wohlbefind­en bei und ist die Summe unser­er pos­i­tiv­en Selb­st­wer­tun­gen. Ein gesun­der Selb­st­wert ist die Basis, um auch mit schwieri­gen Sit­u­a­tio­nen und Gefühlen entspan­nt umzuge­hen. Ein Ver­drän­gen, Nicht-Wahrhaben oder Schönre­den der Real­ität, wie es das heutige Glücks­dik­tat vorgibt, kostet einen zu hohen Preis.

Zu akzep­tieren und anzuerken­nen, dass es ein Leben ohne Prob­leme nicht gibt, macht das Leben leichter. Schluß mit dem immer­währen­den Glück, dem Opti­mierungszwang und der damit ver­bun­de­nen illu­sorischen Über­legen­heit, Aus­gren­zung und Kon­tak­tver­lust. Zielführen­der sind Fra­gen, wie wir Prob­le­men begeg­nen, wie wir sie lösen kön­nen und was wir dazu brauchen.

Glücklichsein nicht um jeden Preis

Glück kommt und geht. So wie sich alle Gefüh­le stetig wan­deln und uns durch den Tag begleit­en. Ein Klam­mern an nur pos­i­tiv­en Gefühlen ist auf die Zeit unmöglich. Das Unter­drück­en ver­meintlich neg­a­tiv­er Gefüh­le ver­liert die Real­ität aus den Augen und schwächt den Bezug zu uns selb­st.

Das Streben nach ständig pos­i­tiv­en Reizen und Gefühlen ist in Wahrheit mit ein­er Menge kör­per­lichem und seel­is­chem Stress ver­bun­den, der auf Dauer einen enor­men Schaden anrichtet. Die damit ver­bun­dene Entkör­pe­rung lässt das Glück­sempfind­en unmöglich wer­den. Man jagt Ide­alen hin­ter­her, die uns nie richtig satt wer­den lassen.

Wahres Glück jedoch lässt uns ruhig wer­den. Wir fühlen uns voll­ständig, wertvoll und genährt. Wir müssen uns nicht ver­gle­ichen, nichts kon­trol­lieren und kön­nen aus uns selb­st her­aus han­deln und leben. Sich mit den eige­nen und frem­den Gren­zen auseinan­derzuset­zen, schafft einen real­itäts­be­zo­ge­nen Hand­lungsrah­men. Inner­halb dieses Hand­lungsrah­men erfahren wir uns als selb­st­wirk­sam, was unser Selb­stver­trauen und unseren Selb­st­wert auf natür­liche Weise stärkt.

Raus aus dem Stress

Um das eigene Glück­sempfind­en zu stärken, ist ein wesentlich­er Schritt, sich von dem Blick nach außen zu lösen und nach innen zu schauen. In der Kon­fronta­tion mit uns selb­st kön­nen wir fest­stellen, dass sich hin­ter dem end­losen Streben nach Glück oft andere The­men ver­ber­gen, die dem kör­per­lichen und seel­is­chen Wohlbefind­en ent­ge­gen ste­hen.

Aus der psy­chother­a­peutis­chen Arbeit mit dem Stres­sor-basierten Ansatz ist ein Ziel, Stres­soren zu erken­nen und den Stress aus frühen Erfahrun­gen zu ver­ar­beit­en. Denn nur wenn alter Stress ver­ar­beit­et wurde, kann dieser im Hier & Jet­zt nicht mehr getrig­gert wer­den. Der emo­tionale Abstand zu alten Stresser­fahrun­gen schafft gesunde Gren­zen, die die Selb­stverbindung und damit den Selb­st­wert auf natür­liche Weise wach­sen lassen.

Mit einem gesun­den Abstand kön­nen wir die Dinge so akzep­tieren, wie sie sind, und bleiben in unser­er Klarheit, anstatt sich in Gedankenkreisen zu ver­lieren oder Symp­tome zu entwick­eln. Stres­soren kön­nen beispiel­sweise Glaubenssätze sein, Innere Richter oder Kri­tik­er. Solange wir mit einem Glaubenssatz iden­ti­fiziert sind, feuert er uns unbe­wusst immer wieder an, viel zu leiste
n oder nichts wert zu sein. Unsere Über­lebensstrate­gien oder Kom­pen­sa­tion­s­muster als Reak­tion auf Stress, tren­nen uns von uns selb­st und ste­hen einem Glück­sempfind­en ent­ge­gen.

Über­lebensstrate­gien sind hoch stress­ge­laden und sind damit ein wesentlich­er Aspekt unser­er Entkör­pe­rung. Kör­per­or­i­en­tierte Psy­chother­a­pie bringt uns langsam wieder in Kon­takt mit unserem soma­tis­chen Empfind­en. Sich wieder spüren ler­nen, die eige­nen und fremde Gren­zen acht­en, lassen erst einen Raum für Glück unab­hängig vom außen entste­hen.

Stress nachzu­ver­ar­beit­en, den Selb­st­wert wieder aufzubauen und eine gesunde Gren­ze zu entwick­eln, ist eine inten­sive ther­a­peutis­che Arbeit und braucht Zeit, Geduld und Mut. Schnel­lver­fahren, wie es die Glücksin­dus­trie ver­spricht, gibt es nicht. Um Glück zu spüren, braucht es einen entstressten Kör­p­er und eine starke Selb­stverbindung, die durch eine Stres­sor-basierte ther­a­peutis­che Arbeit Stück für Stück erar­beit­et wer­den kann.

Fazit

Glück­lich­sein um jeden Preis lässt das Glück in immer weit­ere Ferne rück­en. Wir lan­den in der Selb­stop­ti­mierungs­falle und Bew­erten, Ver­gle­ichen und Kon­trol­lieren wer­den zu täglichen Begleit­ern. Glück wird plöt­zlich zum Stress, wenn der Blick nur noch nach außen gerichtet ist. Indem wir uns nicht um jeden Preis von den unzäh­li­gen Glücksver­sprechen ver­führen lassen, son­dern bei uns selb­st bleiben, haben wir die größte Chance, dem wahren Glück ein Stück näher zu kom­men.

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Über die Autorin

Dr. Julia Belke

Dr. Julia Belke arbeit­et als Psy­chother­a­peutin mit den Schw­er­punk­ten Trau­malö­sung, Stressver­ar­beitung und Bindungsstörun­gen. Nach dem Studi­um der Kom­mu­nika­tion­swis­senschaften hat sie Aus­bil­dun­gen u.a. in Gestalt­ther­a­pie, kör­per­or­i­en­tiert­er Psy­chother­a­pie, acht­samkeits­basierte Ther­a­pie und Sys­tem- sowie Fam­i­lien­auf­stel­lun­gen absolviert. Sie arbeit­et online über Videoset­tings mit der Meth­ode der Online-Autonomie-Auf­stel­lun­gen in Verbindung mit kör­per­or­i­en­tiert­er Psy­chother­a­pie.

www.juliabelke.at

Literaturtipps zum Thema:


Buch Meine Reise zu mir selbst von S. Fleisch
 Das kleine Buch vom achtsamen Leben von Collard Buch 5-Minuten-Rituale von Jana Graf

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