Achtsamkeit

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Ein Schlüsselbaustein moderner Rehabilitationsstrategien

In unserer hektischen Welt, in der Stress und Anspannung allgegenwärtig sind, wird Achtsamkeit zunehmend wichtiger. Was ursprünglich aus den Lehren des Buddhismus stammt, hat sich heute weit über spirituelle Kreise hinaus in den Alltag integriert und ist in Bereichen wie Psychotherapie und Gesundheitsförderung etabliert. Besonders in der Rehabilitationsmedizin ist Achtsamkeit ein fester Bestandteil moderner Behandlungskonzepte. Viele Einrichtungen haben erkannt, wie hilfreich Achtsamkeitstechniken sein können, um die Selbstheilungskräfte der Rehabilitierenden ergänzend zu aktivieren, die Stressresilienz zu stärken und sowohl die körperliche als auch geistige Gesundheit nachhaltig zu verbessern.

Was bedeutet Achtsamkeit? Achtsamkeit: Im Hier und Jetzt leben

Achtsamkeit, auch als „Mindfulness“ bekannt, geht über einfache Techniken hinaus – sie ist eine bewusste Lebenshaltung. Diese Praxis ermutigt dazu, den gegenwärtigen Moment ohne Urteil zu erleben und hilft, innere Ruhe zu finden sowie eine tiefere Verbindung zu den eigenen Gedanken, Emotionen und körperlichen Empfindungen aufzubauen.

„Egal, welche der vielfältigen Definitionen von Achtsamkeit man heranzieht: von „Ruhe“ über „bei sich sein“ und „wertfreiem Denken“ – für die psychische Gesundheit wird dem Thema eine große Bedeutung beigemessen“, erklärt Dr. Bommersbach, Ärztlicher Direktor der Eifelklinik in Manderscheid, einer der größten Rehabilitationskliniken in Deutschland für psychosomatische Beschwerden aus dem Klinikverbund der Deutschen Rentenversicherung Rheinland.

Wissenschaftlich fundierte Vorteile von Achtsamkeit

Die positive Wirkung von Achtsamkeit ist durch viele wissenschaftliche Studien belegt. Regelmäßige Achtsamkeitspraxis zeigt nachweislich zahlreiche positive Effekte nicht nur auf die psychische, sondern auch auf die physische Gesundheit, was sie zu einem wertvollen Bestandteil moderner Rehabilitationsprogramme macht.

Psychische Gesundheit: Achtsamkeitstraining, wie es in Programmen wie Mindfulness-Based Stress Reduction (MBSR) und Mindfulness-Based Cognitive Therapy (MBCT) angewendet wird, hat sich als besonders wirksam erwiesen. Diese Programme, entwickelt von Jon Kabat-Zinn an der University of Massachusetts Medical School, kombinieren Entspannungsmethoden wie Meditation, Körperwahrnehmung und Yoga, um den Umgang mit Stress, Schmerz und Krankheit zu verbessern. Teilnehmende berichten von besserer Stressbewältigung, gesteigertem Wohlbefinden und einer tieferen Selbstakzeptanz. Aber auch andere klassische Entspannungsmethoden, wie progressive Muskelentspannung und autogenes Training, wurden in ihrer Wirksamkeit wissenschaftlich bewiesen und haben einen positiven Effekt auf die psychische Gesundheit.

Physische Gesundheit: Achtsamkeit wirkt sich auch positiv auf den Körper aus. Studien zeigen, dass der ergänzende Einsatz von Entspannungsmethoden chronische Schmerzen lindern und das Immunsystem stärken kann – Faktoren, die in der Rehabilitation bedeutend sind. Diese Vorteile ergänzen und unterstützen die in Rehakliniken eingesetzten Entspannungstechniken. Indem Achtsamkeit in die Rehabilitation integriert wird, können Rehabilitierende lernen, Körper und Geist in Einklang zu bringen, was den Heilungsprozess insgesamt fördert.

Entspannungsmethoden in der Rehabilitation

In Rehakliniken wird neben Achtsamkeitsübungen vor allem autogenes Training und progressive Muskelentspannung angeboten, aber auch andere Techniken kommen als Entspannungsverfahren zum Einsatz. Wissenschaftlich belegte Vorteile für die Verbesserung der psychischen und physischen Gesundheit sind dabei zentral für den Einsatz und Erfolg dieser Techniken.

Autogenes Training: Die Kraft der Selbsthypnose

Autogenes Training wurde vom Berliner Psychiater Johannes Heinrich Schultz in den 1920er Jahren entwickelt und durch verschiedene Studien wissenschaftlich belegt. Es nutzt die Kraft der Selbsthypnose und Vorstellungskraft. Diese Technik hilft Menschen in der Rehabilitation, bewusst Einfluss auf ihre Körperfunktionen zu nehmen – zum Beispiel auf die Atmung, den Herzschlag oder die Muskelspannung. Durch wiederholte mentale Übungen können sie ihren Körper entspannen und das Herz-Kreislauf-System beruhigen.

Wer autogenes Training regelmäßig anwendet, kann den eigenen Körper gezielt entspannen, Stress reduzieren und psychosomatische Beschwerden lindern.

Progressive Muskelentspannung: Entspannung durch gezielte Muskelarbeit

Ebenfalls in den 1920er Jahren wurde die progressive Muskelentspannung vom amerikanischen Arzt Edmund Jacobson erschaffen. Sie ist eine bewährte und wissenschaftlich verifizierte Technik, die unter anderem in der Rehabilitation eingesetzt wird. Bei dieser Methode werden verschiedene Muskelgruppen bewusst nacheinander angespannt und wieder entspannt. Sie wird in vielen Rehabilitationskliniken eingesetzt, um körperliche Spannungen abzubauen, die durch Schmerzen oder Bewegungsmangel entstehen können.

Diese Technik hilft den Teilnehmenden, ein besseres Bewusstsein für ihren Körper und bestehende Spannungen zu entwickeln. Dadurch lernen sie, muskuläre Entspannung eigenständig herbeizuführen. Langfristig kann diese Methode nicht nur Schmerzen lindern, sondern auch Stress abbauen, die Körperwahrnehmung verbessern und bei Schlafstörungen helfen.

Spezialisierte Rehabilitationsprogramme: Achtsamkeit in Aktion

Rehabilitationskliniken setzen Achtsamkeit oft in speziell entwickelten Programmen ein, die darauf abzielen, den Heilungsprozess ganzheitlich zu unterstützen. Diese Programme kombinieren Achtsamkeitstechniken mit körperlicher Bewegung, Atemübungen und Naturerlebnissen, um die Genesung der Rehabilitierenden zu fördern und ihre Selbstwahrnehmung zu schärfen.

Achtsamkeitspfad Kleine Kyll

Ein Beispiel für die kreative Integration von Achtsamkeit in die Rehabilitation ist der Achtsamkeitspfad bei der Eifelklinik für Psychosomatik in Manderscheid. Dieser 6,5 Kilometer lange Weg wurde speziell dafür gestaltet, den Rehabilitierenden die Möglichkeit zu geben, die Natur bewusst und achtsam zu erleben. Entlang des Pfades gibt es verschiedene Stationen, die nach psychologischen Gesichtspunkten konzipiert wurden, um Achtsamkeitsübungen direkt in die natürliche Umgebung einzubinden.

Diese Form der Naturtherapie hilft den Rehabilitierenden, Stress abzubauen und eine tiefere Verbindung zu ihrer Umwelt und sich selbst herzustellen, was den Heilungsprozess positiv beeinflusst. „Dieser Weg ist Erholung und Regeneration pur. Wir laden die Rehabilitierenden ein, sich voll und ganz auf den Pfad mit allen Sinnen einzulassen – riechen, schmecken, spüren – ganz ohne zu werten, ohne einen Gedanken an etwas anderes“, so Dr. Bommersbach, der den Pfad maßgeblich mitgestaltete.

Entlang des Weges erwarten die achtsamen Wanderer eine sprudelnde Quelle, Trittsteine über einen Bach und Hängematten zum Ausruhen. Außerdem gibt es eine Hörinstallation mit einem Summstein, Hörtrichter und Dendrophon sowie einen Barfußbadeplatz. Diese vielfältigen Stationen bieten den Rehabilitierenden die Möglichkeit, sich auf die Umgebung einzulassen und dadurch eine tiefe innere Ruhe zu finden.

Der Weg ist öffentlich zugänglich und für alle Interessierten umfangreich beschildert.

Feldenkrais-Methode und Klangtherapien

In der Aggertalklinik in Engelskirchen kommen Ansätze wie die Feldenkrais-Methode und Klangtherapien zum Einsatz, um die Selbstwahrnehmung der Rehabilitierenden zu fördern und Schmerzen zu lindern. Die Feldenkrais-Methode zielt darauf ab, das Bewusstsein für Bewegungsmuster zu schärfen und diese durch sanfte, bewusste Bewegungen zu verbessern. Diese Technik ist unabhängig vom Alter und der körperlichen Verfassung anwendbar, was sie besonders geeignet für Einrichtungen macht, die auf Erkrankungen der Bewegungsorgane spezialisiert ist.

Durch die Kombination dieser Techniken können die Rehabilitierenden ihre Körperwahrnehmung intensivieren und gleichzeitig Entspannung und Linderung von Schmerzen erfahren, was ihren Heilungsprozess nachhaltig unterstützt.

Yoga und Tai-Chi

Yoga und Tai-Chi sind wesentliche Bestandteile vieler Rehabilitationsprogramme und bieten umfassende Vorteile durch ihre Kombination von körperlichen Übungen, Atemtechniken und Meditation. Yoga stammt aus Indien und hat eine Geschichte von über 5000 Jahren. Es integriert Asanas (körperliche Übungen), Pranayama (Atemtechniken) und Meditation, um die Flexibilität, Kraft und Balance zu verbessern. Es fördert die Durchblutung, den Sauerstofffluss im Körper und hilft, Stress und Angst abzubauen.

Tai-Chi, auch als „Schattenboxen“ bekannt, hat seine Ursprünge in der chinesischen Kampfkunst und der taoistischen Philosophie. Studien haben gezeigt, dass es besonders vorteilhaft für ältere Menschen sein kann, denn es kann das Sturzrisiko reduzieren und die kardiovaskuläre Gesundheit unterstützen. Beide Praktiken tragen in der Rehabilitation dazu bei, den Rehabilitierenden zu mobilisieren und ihnen ein Gefühl der Kontrolle sowie des inneren Friedens zurückzugeben. Diese Elemente sind entscheidend für eine erfolgreiche Genesung.

Weiterentwicklungen: technische Methoden wie Biofeedback

Neben den bewährten Achtsamkeitstechniken werden in der Rehabilitation auch moderne Methoden wie Biofeedback zunehmend genutzt. Biofeedback, das seit den 1970er Jahren in therapeutischen Kontexten Anwendung findet, ermöglicht es, normalerweise unbewusste physiologische Prozesse sichtbar zu machen und gezielt zu steuern. Die Methode wird als fortschrittliches Verfahren eingesetzt, das durch Sensoren körpereigene Prozesse sichtbar macht oder in akustische Signale umwandelt. Dies hilft den Rehabilitierenden, unbewusste Körperreaktionen zu erkennen und zu beeinflussen.

Biofeedback wird bei Migräne, Spannungskopfschmerzen, Bluthochdruck und muskulärer Anspannung angewendet. Beispielsweise lernen Migränepatienten, den Zusammenhang zwischen ihrer Stimmung und physiologischen Reaktionen zu erkennen und zu regulieren. Die Methode unterstützt die Selbstregulation, indem sie die Wechselwirkung zwischen Körper und Geist nutzt und den Rehabilitierenden ermöglicht, körperliche Veränderungen wie Muskelentspannung oder tiefere Atmung selbstständig herbeizuführen.

Fazit

Achtsamkeit ist weit mehr als ein vorübergehender Trend – sie ist ein essenzieller Bestandteil moderner Rehabilitationsansätze, der sich als äußerst wirkungsvoll bei der Förderung ganzheitlicher Gesundheit und Wohlbefinden erwiesen hat. Durch die Integration von Achtsamkeitstraining und anderen Entspannungsmethoden wie unter anderem Meditation, Yoga, autogenes Training und progressiver Muskelentspannung bieten Rehabilitationskliniken eine umfassende Unterstützung auf dem Weg zur Heilung. Natürlich können nicht alle psychischen und körperlichen Störungen allein durch Entspannungsverfahren verhindert oder behandelt werden. Jedoch tragen sie einen nicht unerheblichen Teil zum Wohlbefinden bei. In einer Welt, die immer schneller wird, bietet Achtsamkeit einen inneren Anker, der den Weg zur vollständigen Genesung ebnet.

Ausblick

Es ist zu erwarten, dass die Forschung zu personalisierten Therapieansätzen weiter voranschreitet. Durch die Kombination von Achtsamkeit mit individuellen Behandlungsstrategien könnte es gelingen, noch gezielter auf die spezifischen Bedürfnisse der Retablierenden einzugehen und den Heilungsprozess effektiver zu gestalten. Insgesamt eröffnet dies spannende Perspektiven für die Zukunft der Rehabilitation und die umfassende Förderung des psychischen und körperlichen Wohlbefindens.

Eine Übersicht psychsomatischer Reha-Kliniken finden Sie unter: www.dasrehaportal.de und www.rehakliniken.de


Über Dr. med. Ulrike Stefanowski

Promotion in Humanmedizin 2007 und Facharztausbildung in Neurologie am Universitätsklinikum der TU München. Ab 2009 tätig im mittleren Management der pharmazeutischen Industrie. Seit 2016 freiberufliche Unternehmensberaterin im Bereich betriebliches Gesundheitsmanagement mit den Schwerpunkten gesunde Führung und mentale Gesundheit. Seit 2021 Dozentin an der FOM Hochschule für Oekonomie & Management sowie der IU Internationalen Hochschule. Seit November 2023 zudem medizinjournalistisch tätig für Wilde & Partner.

Beitragsbild: © Andrea Piacquadio – pexels.com

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