Heilpraktiker bei der Arbeit

Der Beruf des Heilpraktikers heute

Isolde Richter

Nach dem Sta­tis­tis­chen Bun­de­samt prak­tizieren derzeit ca. 30.000 Heil­prak­tik­er in Voll- und Teilzeit­prax­en. Wenn sich eine so große Anzahl Heil­prak­tik­er auf dem Markt hal­ten kann, ist das schon ein wichtiger Hin­weis darauf, dass von Seit­en der Bevölkerung ein Bedarf an diesen Ther­a­peuten beste­ht. Heil­prak­tik­er gehören nicht, wie beispiel­sweise Phys­io­ther­a­peuten oder Kranken­schwest­ern, zum ärztlichen Hil­f­sper­son­al, son­dern sie stellen eigen­ständig und eigen­ver­ant­wortlich selb­st Diag­nosen und wählen die passende Ther­a­pie für den Patien­ten aus. Der Heil­prak­tik­er hat für seine Tätigkeit große Frei­heit, allerd­ings wird er durch einige Geset­ze in seinen Tätigkeit­en eingeschränkt. So ver­bi­etet ihm z.B. das Infek­tion­ss­chutzge­setz die Behand­lung der meis­ten Infek­tion­skrankheit­en, außer­dem darf er keine Zahn­heilkunde ausüben und keine Geburtshil­fe leis­ten. Er verord­net seinen Patien­ten apothekenpflichtige Medika­mente, die ver­schrei­bungspflichti­gen (umgangssprach­lich auch als rezeptpflichtig beze­ich­nete) Arzneimit­tel dage­gen verord­net nur der Arzt. Heil­prak­tik­er gehören wie z.B. Ärzte und Recht­san­wälte zu den „freien Berufen“, sind also kein „Gewer­be­be­trieb“ und müssen deshalb keine Gewerbesteuer zahlen.

Es werden Schulmediziner und Heilpraktiker gebraucht

Die meis­ten Patien­ten möcht­en heute ein­er­seits von Spezial­is­ten hochqual­i­fiziert behan­delt wer­den und ander­er­seits als Indi­vidu­um in ihrer ganz bes­timmten Lebenssi­t­u­a­tion wahrgenom­men und nicht in ein Schema gesteckt und in einzelne Bere­iche, wie z.B. Lunge, Herz, Kopf, Ner­ven zer­gliedert wer­den.

Das Spezial­is­ten­wis­sen liefert die Schul­medi­zin in her­vor­ra­gen­der Qual­ität, bei der ganzheitlichen Betra­ch­tung des Kranken weist sie allerd­ings schwere Defizite auf – und hier braucht es den Heil­prak­tik­er. „Ganzheitlich“ bedeutet, dass der Heil­prak­tik­er den Patien­ten in sein­er Gesamtheit als Kör­p­er, Seele und Geist betra­chtet und darüber hin­aus nimmt er ihn in all seinen Facetten als Mit­glied ein­er Gemein­schaft in beru­flich­er und pri­vater Hin­sicht wahr. Das heißt, er berück­sichtigt die momen­tane Lebenssi­t­u­a­tion des Kranken, sieht, wo es Rei­bungspunk­te gibt, die zu Anspan­nung, Prob­le­men und Stress führen und so als Krankheit­sur­sache in Betra­cht kom­men.

So find­et man bei Heil­prak­tik­ern Patien­ten mit den unter­schiedlich­sten Erkrankun­gen. Sie reichen von leicht­en Befind­lichkeitsstörun­gen bis hin zu schw­er­sten und tödlichen Krankheit­en, wie z.B. aus­ther­a­pierten Kreb­spa­tien­ten, d.h. das sind Men­schen, die vom Arzt den Bescheid bekom­men haben: Wir haben nun alles getan, was in unser­er Macht ste­ht, eine weit­ere Ther­a­piemöglichkeit gibt es nicht mehr. Es ste­hen nur noch pal­lia­tive Möglichkeit­en zur Ver­fü­gung, also eine reine Symp­tom- und Schmerzbe­hand­lung.

Die Auf­gabe des Heil­prak­tik­ers liegt nicht in der Behand­lung schw­er­er, akuter Erkrankun­gen, denn hier hat die Schul­medi­zin große Erfolge vorzuweisen. Denken wir nur an die Erfolge der antibi­o­tis­chen Behand­lung und der großen chirur­gis­chen Erfolge. Das bere­its vorste­hend schon erwäh­nte Infek­tion­ss­chutzge­setz besagt, dass die meis­ten Infek­tion­skrankheit­en nur von Ärzten behan­delt wer­den dür­fen. Aber auch akut Erkrank­te, z.B. durch Unfall, gehören nicht in die Hand des Heil­prak­tik­ers. Aber es gibt sich­er auch keinen Patien­ten, der mit einem Bein­bruch zu einem Heil­prak­tik­er geht!

Wichtige Behand­lungss­chw­er­punk­te von Heil­prak­tik­ern sind chro­nis­che Krankheit­en, da diese ganzheitlich gese­hen und entsprechend ther­a­piert wer­den müssen. Entwick­elt sich z.B. bei einem Men­schen eine Arthrose, so darf nicht nur das Symp­tom behan­delt wer­den, son­dern es muss unter­sucht wer­den, warum sich eine Arthrose entwick­eln kon­nte. Beste­hen hier vielle­icht langjährige Ernährungs­fehler, Bewe­gungs­man­gel, Fehlbeanspruchun­gen, Über­säuerung oder sind im Gewebe Abbaupro­duk­te ange­lagert, die nicht aus­re­ichend aus­geschieden wer­den kon­nten?

Eine weit­ere sehr wichtige Domäne des Heil­prak­tik­ers sind funk­tionelle Störun­gen. Hier ist es beim Betrof­fe­nen noch zu kein­er Organ­verän­derung gekom­men, son­dern es liegt eine Störung im Bewe­gungsablauf, also in der Funk­tion des Organs, vor. So kön­nte es sein, dass ein Patient aus seel­is­chen Ursachen her­aus unter Magenbeschw­er­den lei­det. Er geht nun zum Arzt und lässt eine Magen­spiegelung machen. Der Arzt find­et kein­er­lei Verän­derung und teilt dem Patien­ten den Befund mit: „Es ist alles in Ord­nung, bei Ihnen sind die Beschw­er­den ver­mut­lich psy­chisch bed­ingt“. Damit wird der frus­tri­erte Patient ent­lassen und oft hat er das Gefühl, dass mit ihm etwas nicht stimme. Hier set­zt eine wichtige Arbeit des Heil­prak­tik­ers ein. Funk­tionelle Beschw­er­den kön­nen in der Naturheilkunde sehr gut behan­delt wer­den, z.B. mit Homöopathie, TCM oder Phy­tother­a­pie. Unterbleibt die Behand­lung in diesem Sta­di­um der Erkrankung, so wird sie weit­er fortschre­it­en und beim Betrof­fe­nen schwere Schä­den verur­sachen. Wenn wir bei dem Beispiel der psy­chisch bed­ingten Magen­erkrankung bleiben, so wird die psy­chis­che Störung nicht nur zu Magenkrämpfen, son­dern auch zu ein­er ver­mehrten Pro­duk­tion von Magen­saft führen. Zuviel Magen­saft greift aber die Magen­wände an, sodass sich im Laufe der Zeit eine Organ­verän­derung und eine chro­nis­che Gas­tri­tis entwick­eln wird. Eine jahre­lang beste­hende chro­nis­che Gas­tri­tis, steigert aber erhe­blich das Risiko an einem Magenkrebs zu erkranken.

Tipp für Ther­a­peuten:


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Heilpraktiker-Prüfung

Bevor jemand eine Heil­er­laub­nis als Heil­prak­tik­er bekommt, muss er sich ein­er sehr anspruchsvollen schriftlichen und mündlichen Über­prü­fung unterziehen. Das hohe Niveau dieser Prü­fung ist vie­len nicht bewusst, da in den Medi­en oft so berichtet wird, als könne man diese Prü­fung ein­fach ohne große Vor­bere­itung beste­hen. Das ist nicht richtig. Die Lat­te liegt bei dieser Prü­fung hoch und das ist gut so, denn so wird sichergestellt, dass der Heil­prak­tik­er genau weiß, was er auf­grund der geset­zlichen Gegeben­heit tun darf und was nicht. Und es ist sichergestellt, dass er in der Lage ist, gefährliche Erkrankun­gen zu erken­nen und dafür zu sor­gen, dass die in diesem Fall notwendi­gen Schritte ein­geleit­et wer­den. Im Hin­blick auf seine Fähigkeit Diag­nosen zu stellen, erwartet man von ihm das gle­iche Wis­sen, wie von einem Arzt. Auch muss er detail­lierte Ken­nt­nisse nach­weisen, dass er in der Lage ist, genau zu erken­nen, welche Unter­suchun­gen – auch und ger­ade schul­medi­zinis­che – bei den jew­eili­gen Symp­tomen und Krankheit­en notwendig sind.

Der Heil­prak­tik­er war schon immer auf alter­na­tiv­en Gebi­eten tätig. Denken wir nur daran, dass Ther­a­pierich­tun­gen, die von der Schul­medi­zin ursprünglich belächelt und als wirkungs­los eingestuft wur­den, wie Auto­genes Train­ing, TCM, Lym­phdrainage, Darm­sanierung und vieles mehr heute von zahlre­ichen Ärzten fest in ihrer Arbeit inte­gri­ert sind und mit­tler­weile sog­ar teil­weise in der Schul­medi­zin Stim­men laut wer­den, dass dies so wirkungsvolle Ther­a­pi­en seien, dass sie in die Hand eines Arztes und nicht eines Heil­prak­tik­ers gehören. So wird und soll es auch in Zukun­ft sein, dass der Heil­prak­tik­er Vor­re­it­er für Neues ist.

Heilpraktiker an die Universitäten?

Es wird immer wieder disku­tiert, dass die Aus­bil­dung zum Heil­prak­tik­er in die Uni­ver­sitäten inte­gri­ert wer­den sollte, ana­log zur medi­zinis­chen Aus­bil­dung. Das erscheint auf den ersten Blick eine vernün­ftige Forderung und hebt schein­bar das Anse­hen des gesamten Beruf­s­tandes an. Auf den zweit­en, genaueren Blick würde man jedoch erken­nen, dass das der sich­er­ste Weg ist, dass sich der Heil­prak­tik­er über­flüs­sig macht. Der Heil­prak­tik­er würde ein­er ein­seit­i­gen Aus­bil­dung unter­zo­gen, die das Gedankengut der Schul­medi­zin wiedergibt. Das ganzheitliche und alter­na­tive Denken gin­ge kom­plett ver­loren – der Heil­prak­tik­er wird dann ein­fach zu einem „kleinen Arzt“, der bedeu­tend schlechter aus­ge­bildet ist als der „nor­male Arzt“. Aber er würde Krankheit­en wie ein Arzt betra­cht­en und er würde wie ein Arzt denken. Das „alter­na­tive“, das das wertvolle am Heil­prak­tik­er ist, gin­ge kom­plett ver­loren. Er würde nun auf einem stark eingeschränk­ten Gebi­et arztähn­liche Leis­tun­gen erbrin­gen, die aber nicht von der all­ge­meinen Krankenkasse erstat­tet wer­den. Welch­er vernün­ftig denk­ende Men­sch würde zu so einem Heil­prak­tik­er gehen? Deshalb ist es für Heil­prak­tik­er uner­lässlich, dass die Aus­bil­dung durch Heil­prak­tik­er und nicht durch Ärzte erfol­gt! Sein Denken und sein Ansatz muss ganzheitlich und der Natur verpflichtet sein. Er muss weit­er­hin der Vor­re­it­er für neue Ther­a­piean­sätze sein! Denken wir nur daran, dass es Heil­prak­tik­er waren, die z.B. die Entspan­nung­stech­niken, die Akupunk­tur, die Eigen­blut­be­hand­lung, die Darm­sanierung und vieles mehr betrieben und bekan­nt gemacht haben und die dann in die Schul­medi­zin mit über­nom­men wur­den.

Wie arbeiten Heilpraktiker?

Heil­prak­tik­er arbeit­en eigen­ver­ant­wortlich. Sie sind nicht der ärztlichen Weisung unter­stellt, wie z.B. Physio- oder Ergother­a­peuten. Sie stellen eigen­ständig Diag­nosen und leit­en entsprechende Behand­lun­gen ein.

Heil­prak­tik­er ther­a­pieren nicht ein­heitlich. Jed­er hat seine indi­vidu­ellen Schw­er­punk­te und Fähigkeit­en! So kann der eine Heil­prak­tik­er z.B. arztähn­lich mit Neu­ralther­a­pie behan­deln, ein ander­er arbeit­et als Osteopath, als Heilpflanzenkundi­ger, als Homöopath, als TCM­ler oder mit (klas­sis­ch­er, kom­plex oder mias­ma­tis­ch­er) Homöopathie. Eines ist aber allen Heil­prak­tik­ern gemein­sam! Sie nehmen sich viel Zeit für ihre Patien­ten und sehen bei ihnen nicht nur das Symp­tom, son­dern immer die Gesamt­si­t­u­a­tion, in der sich der Men­sch befind­et.

Unterschied Heilpraktiker und Homöopath

Die bei­den Begriffe Heil­prak­tik­er und Homöopath wer­den häu­fig durcheinan­derge­bracht. Wie ger­ade dargelegt wurde, arbeit­en Heil­prak­tik­er mit unter­schiedlich­sten Ther­a­pi­en, z.B. mit Homöopathie. Ein solch­er Heil­prak­tik­er wird als seine Berufs­beze­ich­nung immer „Heil­prak­tik­er“ angeben und niemals „Homöopath“, denn dieser Begriff ist rechtlich nicht zuläs­sig, da man daran nicht erken­nen kann, ob es sich um einen Heil­prak­tik­er oder Arzt han­delt. Deshalb find­en Sie z.B. auf dem Praxiss­child den Namen und darunter die Beruf­sze­ich­nung „Heil­prak­tik­er“ und darunter wird als Ther­a­piev­er­fahren „Homöopathie“ ste­hen. Den Begriff Homöopath wer­den Sie also auf keinem Praxiss­child find­en.

Unterschied Heilpraktiker und Berater

Ein Heil­prak­tik­er darf kranke Men­schen behan­deln, sodass sie wieder gesund wer­den. Das darf ein Berater nicht. Ein Berater darf Men­schen dabei helfen, dass sie gesund bleiben und er darf ihnen bei der Bewäl­ti­gung von All­t­agsprob­le­men helfen. Die Behand­lung von kranken Men­schen ist ihm durch das Heil­prak­tik­erge­setz ver­boten.

Pflichten des Heilpraktikers

Ein Heil­prak­tik­er muss die gle­ichen Anforderun­gen an die Hygiene und die Behand­lungsräume wie ein Arzt erfüllen. Er unter­liegt ein­er umfassenden Aufk­lärungspflicht seinen Patien­ten gegenüber. Er muss seinem Patien­ten genau erk­lären, welche Diag­nose er gestellt hat und was das bedeutet. Er muss ihm detail­liert erk­lären, welche Ther­a­pie er durch­führen möchte und was diese den Patien­ten kostet.

Der Heil­prak­tik­er muss alles, genau wie ein Arzt, sogfältig doku­men­tieren, ange­fan­gen von der gestell­ten Diag­nose über die erfol­gte Aufk­lärung und die durchge­führten ther­a­peutis­chen Maß­nah­men. Diese von ihm doku­men­tierten Patien­ten- und Behand­lungs­dat­en bewahrt er zehn Jahre auf.

Der Patient muss auch in Zukunft wählen dürfen!

Jed­er Kranke muss auch in Zukun­ft selb­st entschei­den dür­fen, wie er behan­delt wer­den möchte. Jede Bevor­mundung ist hier fehl am Platz.

Der Kranke kann also bei jed­er sein­er Beschw­er­den entschei­den, ob er damit zu einem Arzt oder einem Heil­prak­tik­er gehen möchte. Entschei­det er sich für einen Heil­prak­tik­er, so find­et er dort ein umfassendes Ther­a­pieange­bot ver­schieden­ster Heil­weisen und kann so aus dieser Vielfalt auswählen, was für ihn am besten passt. Würde es den Beruf des Heil­prak­tik­ers nicht mehr geben, wäre unser Gesund­heitssys­tem nicht nur ärmer, son­dern es wür­den ganz wichtige Behand­lungsange­bote für chro­nis­che Krankheit­en und funk­tionelle Störun­gen für immer unwieder­bringlich ver­lorenge­hen.

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Bücher der Autorin:

Atlas für Heilpraktiker Anatomie - Physiologie - Krankheitsbilder Cover Lehrbuch für Heilpraktiker Medizinische und juristische Grundlagen Cover Prüfungstraining für Heilpraktiker 2500 Prüfungsfragen zum Lehrbuch für Heilpraktiker Cover

Über die Autorin:

Isolde richter

Isol­de Richter: Heil­prak­tik­erin und Lehrbuchau­torin, leit­et seit über 30 Jahren eine große Heil­prak­tik­er- und Ther­a­peuten­schule. Sie hat in dieser Zeit zahlre­iche Heil­prak­tik­er, sowohl für die amt­särztliche Über­prü­fung aus­ge­bildet, als auch in alter­na­tiv­en Heil­weisen unter­richtet, wie z.B. Homöopathie, Heilpflanzenkunde, TCM und vie­len mehr und sie so bestens auf eine erfol­gre­iche Prax­istätigkeit vor­bere­it­et.

Kon­takt: https://www.isolde-richter.de/

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