Vorsorge beim Arzt

Wie viel ist Ihnen Ihre Gesundheit wert? Nehmen Sie sich wichtig!

Vorsorge | Solange mit Medizin „Geschäfte“ gemacht werden, bleibt die Prävention auf der Strecke.

Roland Tennie

In den letz­ten Jah­ren beob­ach­te ich mit stei­gen­der Skep­sis die Ent­wick­lung, dass immer mehr Men­schen ihre Vor­sor­ge­un­ter­su­chun­gen ver­pas­sen oder hin­aus­zö­gern, weil sie Geld spa­ren wol­len. Aus rei­nen Kos­ten­grün­den ver­grö­ßern sie das Unter­su­chungs­in­ter­vall oder las­sen die Mög­lich­keit kom­plett ver­strei­chen.

Da ist es nicht gera­de hilf­reich, dass vie­le sinn­vol­le Ergän­zun­gen, wie bei­spiels­wei­se der Ultra­schall ein­zel­ner Orga­ne, Schild­drü­sen-Vor­sor­ge, gro­ße Krebs­vor­sor­ge oder zusätz­li­che Dia­gnos­tik in der Schwan­ger­schaft, inzwi­schen sogar soge­nann­te IGel (also indi­vi­du­el­le Gesund­heits­leis­tun­gen) gewor­den sind und damit aus eige­ner Tasche bezahlt wer­den müs­sen.

Aus lau­ter Angst vor unnö­ti­gen Kos­ten begeg­nen Pati­en­ten ihren Ärz­ten teil­wei­se sogar mit Miss­trau­en. Aus­sa­gen wie „Die wol­len doch nur Geld machen“ sind kei­ne Sel­ten­heit. Aber auch man­geln­de Auf­klä­rung dar­über, was wich­tig ist und was einen ech­ten Zusatz­nut­zen bringt, treibt die Men­schen um.

Vie­le der Ange­bo­te gel­ten inzwi­schen bereits als völ­lig unnö­tig und wenig nutz­brin­gend, wer­den aber trotz­dem immer wie­der ange­bo­ten und durch­ge­führt. Das stärkt weder das Ver­trau­en der Pati­en­ten in ihre Behand­ler, noch schont es ihren Geld­beu­tel. Da ist es nicht ver­wun­der­lich, dass Pati­en­ten selbst wich­ti­ge Vor­sor­ge­un­ter­su­chun­gen hin­ter­fra­gen. Ich habe per­sön­lich schon erlebt, dass des Gel­des wegen wich­ti­ge Check-ups bis zu fünf Jah­re hin­aus­ge­zö­gert wur­den. Das ist in mei­nen Augen ein unhalt­ba­rer Zustand, dem wir ent­ge­gen­wir­ken müs­sen. Ich hal­te das alles sogar für fatal.

Angst vor Corona macht noch vorsichtiger

Dass 2020 für jeden medi­zi­ni­schen Bereich eine Her­aus­for­de­rung dar­stellt, ist sicher jedem klar. Auch der Bereich Vor­sor­ge­un­ter­su­chun­gen ist mas­siv betrof­fen. Ich beob­ach­te, dass schon seit Beginn der Covid 19-Pan­de­mie bei vie­len, beson­ders älte­ren Pati­en­ten, die Angst vor Coro­na vor­herrscht und das Bewusst­sein der Men­schen für die Not­wen­dig­keit prä­ven­ti­ver Gesund­heits­checks über­la­gert.

Auch wenn ich die­se Sor­ge natür­lich nach­voll­zie­hen und die Ernst­haf­tig­keit im Umgang mit dem Virus nur bestä­ti­gen kann, ste­cken wir hier in einem gro­ßen Dilem­ma. Des­halb sor­gen wir bei uns in der Pra­xis für eine kon­se­quen­te Umset­zung aller Coro­na-Schutz­maß­nah­men – wie übri­gens die gro­ße Mehr­heit aller in der Heil­kun­de Täti­gen.

Die Tele­me­di­zin ist in der Wei­ter­be­treu­ung von Pati­en­ten sicher eine gro­ße Hil­fe. Für eine Erst­dia­gno­se und für Vor­sor­ge­un­ter­su­chun­gen muss der Weg aber stets in eine Pra­xis füh­ren.

Wir müs­sen also dafür sor­gen, dass sich die Men­schen sicher genug füh­len, um ihre Check-ups stets durch­füh­ren zu las­sen.

Ansons­ten macht die Angst vor Coro­na sie unter Umstän­den krän­ker als nötig.

Kurzsichtig gerechnet

Als wäre die Situa­ti­on noch nicht kom­pli­ziert genug, wer­ben immer mehr vor allem pri­va­te Kran­ken­kas­sen mit Bei­trags­rück­erstat­tun­gen, weil sie davon aus­ge­hen, dass Pati­en­ten Rech­nun­gen nicht ein­rei­chen, um Tei­le ihrer Bei­trä­ge wie­der zurück­zu­be­kom­men. Tat­säch­lich haben sie häu­fig recht damit. Denn die Pra­xis zeigt, dass die­se Art der Wer­bung in vie­len Fäl­len Früch­te trägt.

Aller­dings beden­ken vie­le Pati­en­ten nicht, wel­che schwe­ren Neben­wir­kun­gen die­se kurz­fris­ti­ge Kos­ten­er­spar­nis mit sich brin­gen kann. Eigent­lich wis­sen wir doch alle, dass uns die Gesund­heit hei­lig sein soll­te, nein: muss. Und trotz­dem spa­ren wir, wenn wir eine klei­ne finan­zi­el­le Ver­güns­ti­gung wit­tern, genau dar­an.

Das ist aller­dings sehr kurz­sich­tig. Denn das Ergeb­nis zeigt sich oft, wenn die Men­schen nicht mehr anders kön­nen und wegen star­ker Sym­pto­me, wie zum Bei­spiel andau­ern­der Schmer­zen, bei mir oder ihren Haus­ärz­ten auf­schla­gen. Dann ist eine Krank­heit lei­der oft schon so weit fort­ge­schrit­ten, dass eine Behand­lung deut­lich auf­wen­di­ger, unan­ge­neh­mer, lang­wie­ri­ger und mög­li­cher­wei­se sogar deut­lich teu­rer wird. Im schlimms­ten Fall kön­nen die ver­säum­ten Prä­ven­ti­ons­maß­nah­men sogar töd­lich enden.

Unnötig und tragisch

Das muss doch wirk­lich nicht sein! Und ich fra­ge mich immer wie­der, wie viel den Men­schen die eige­ne Gesund­heit wert ist. Betrach­ten wir die Fak­ten, dann offen­sicht­lich viel zu wenig.

Ich möch­te an die­ser Stel­le unbe­dingt auch die Kran­ken­kas­sen mit in die Ver­ant­wor­tung neh­men. Denn Ver­si­che­run­gen dür­fen nie­mals mit dem Leben von Pati­en­ten zocken, für die sie eigent­lich da sein soll­ten. Das ist mora­lisch nicht ver­tret­bar und kann furcht­ba­re Kon­se­quen­zen nach sich zie­hen.

Gera­de erst habe ich wie­der den Fall erlebt, dass eine Pati­en­tin mit einem bös­ar­ti­gen Tumor in fort­ge­schrit­te­nem Sta­di­um zu mir kam. Hät­te sie ihre Vor­sor­ge­un­ter­su­chun­gen wahr­ge­nom­men, hät­ten ihre Ärz­te den Tumor viel frü­her ent­deckt und schnel­ler sowie ziel­ge­rich­te­ter reagie­ren kön­nen. Und mit natur­heil­kund­li­chen Metho­den hät­ten wir die­se The­ra­pien unter­stüt­zen kön­nen.

Einen Bei­trag kön­nen wir natür­lich auch jetzt noch leis­ten. Ich hät­te mir für die Pati­en­tin aber gewünscht, dass ihr die nun nötig gewor­de­ne hoch­do­sier­te Che­mo­the­ra­pie mit den gan­zen schwer­wie­gen­den und unan­ge­neh­men Neben­wir­kun­gen erspart geblie­ben wäre. Hin­zu kommt, dass ihre Hei­lungs­chan­cen heu­te viel schlech­ter ste­hen als bei einer frü­he­ren Erken­nung des Tumors.

Sol­che Fäl­le sind beson­ders tra­gisch, wenn man bedenkt, dass das Ver­pas­sen wich­ti­ger Vor­sor­ge­un­ter­su­chun­gen oft auch noch finan­zi­ell völ­lig unnö­tig ist. Liest man das Klein­ge­druck­te in den Kran­ken­kas­sen-Ver­trä­gen, zeigt sich häu­fig, dass bestimm­te Prä­ven­ti­ons­maß­nah­men sich gar nicht auf eine Rück­erstat­tung aus­wir­ken. Im Gegen­teil:

Es gibt sogar eini­ge Ver­si­che­rer, die all jenen einen Bonus aus­zah­len, die ihre Prä­ven­ti­on eigen­ver­ant­wort­lich wahr­neh­men.

Ich wünsch­te, das wür­den alle so machen. Doch lei­der sind auch sol­che Maß­nah­men oft nur Lock­an­ge­bo­te der Ver­si­che­run­gen – genau­so wie die Über­nah­me der Kos­ten von Heil­prak­ti­ker­leis­tun­gen und zahl­rei­chen Natur­heil­mit­teln. Ich habe oft erlebt, dass die nach nur kur­zer Zeit wie­der abge­schafft oder zumin­dest dras­tisch gekürzt wur­den – Spar­maß­nah­men, ver­steht sich.

Das pas­siert bei Pri­vat­ver­si­che­run­gen sel­te­ner. Aber auch des­halb stei­gen dort die Bei­trä­ge beson­ders im Alter oft ins Ufer­lo­se und sind damit für vie­le nicht mehr bezahl­bar.

Heilung statt Prävention

Jetzt kön­nen wir natür­lich alle über unse­re Zwei­klas­sen-Medi­zin lamen­tie­ren – dass es oft einen Unter­schied macht, ob jemand pri­vat oder gesetz­lich ver­si­chert ist, möch­te ich auch gar nicht bestrei­ten. Das haben inzwi­schen auch vie­le Kran­ken­kas­sen und Ärz­te bereits zuge­ge­ben.

Wor­an unser Gesund­heits­sys­tem aber noch viel deut­li­cher krankt, ist die Aus­rich­tung auf Hei­lung anstatt auf Prä­ven­ti­on zu legen.

Absurd ist, dass im glei­chen Atem­zug, eben­falls aus Kos­ten­grün­den, die medi­zi­ni­sche Ver­sor­gung an sich immer weni­ger gewähr­leis­tet wird. Alles zuguns­ten der Ren­ta­bi­li­tät zum Bei­spiel von Kli­nik-Kon­zer­nen. Kli­ni­ken wer­den geschlos­sen, Inten­siv­bet­ten abge­baut und auch die Bezah­lung der­je­ni­gen, die sich um die Pati­en­ten küm­mern, müss­te drin­gend auf den Prüf­stand.

Solan­ge mit Medi­zin „Geschäf­te“ gemacht wer­den müs­sen, wird auch immer die Prä­ven­ti­on auf der Stre­cke blei­ben, weil die Zeit zur Auf­klä­rung und Infor­ma­ti­on der Pati­en­ten fehlt.

Außer­dem lässt ein Pati­ent, der sich ver­ant­wor­tungs­voll um sei­nen Gesund­heits­zu­stand küm­mert, die Kas­sen nicht klin­geln. Um die­ses Sys­tem erfolg­reich zu ver­än­dern, müss­ten alle – Kran­ken­kas­sen, Ärz­te und Heil­prak­ti­ker – gemein­sam anset­zen und dafür sor­gen, dass Pati­en­ten über Tari­fe, Mög­lich­kei­ten und Prä­ven­tiv­maß­nah­men stets infor­miert sind. Denn das liegt in unse­rer Ver­ant­wor­tung.

Fazit

Der Ansatz, dass, ähn­lich dem Bonus­heft beim Zahn­arzt, Erstat­tun­gen bei regel­mä­ßi­ger Wahr­neh­mung von Vor­sor­ge­ter­mi­nen höher wer­den, ist nicht nur rich­tig, son­dern auch wich­tig.

Natür­lich ist trotz­dem jeder Ein­zel­ne haupt­säch­lich selbst für sei­ne Gesund­heit zustän­dig. Wir kön­nen aber nicht kom­plett alle Ver­ant­wor­tung auf die Pati­en­ten abwäl­zen und uns dann wun­dern, wenn mit wich­ti­gen Unter­su­chun­gen viel zu locker umge­gan­gen wird. Ich möch­te nie­man­den in Schutz neh­men, der fahr­läs­sig sei­ne Gesund­heit ver­spielt. Den­noch ist es abso­lut wich­tig, dass Gesund­heit nie­mals eine Fra­ge des Ver­mö­gens sein darf: Unser Wohl­erge­hen ist mit kei­nem Geld der Welt auf­zu­wie­gen!

Blei­ben Sie „am liebs­ten gesund“!

healthstyle


Über den Autor:

Roland Tennie

Roland Ten­nie ist seit 1982 in der Medi­zin tätig. Berüh­rungs­punk­te gab es aber bereits frü­her durch zahl­rei­che Ein­sät­ze bei ver­schie­de­nen Hilfs­diens­ten. Er arbei­te­te in vie­len Fach­be­rei­chen der Medi­zin – am Ende in der Kar­dio­lo­gie in Kli­ni­ken. Seit vie­len Jah­ren hat der Heil­prak­ti­ker eine eige­ne Pra­xis für Kom­ple­men­tär­me­di­zin in Essen. Er setzt auf Natur­heil­kun­de, sieht die­se als Ergän­zung zur klas­si­schen Medi­zin und weiß um das essen­zi­el­le Zusam­men­spiel von Kör­per, Geist und See­le. Sei­ne eige­ne chro­ni­sche Erkran­kung war nur durch die Kom­bi­na­ti­on bei­der medi­zi­ni­scher Rich­tun­gen erfolg­reich zu the­ra­pie­ren. Ten­nie hat Kun­den aus der gan­zen Welt, zu denen auch Spit­zen­sport­ler wie Kira Wal­ken­horst, Olym­pia­sie­ge­rin im Beach-Vol­ley­ball, gehö­ren. Auf sei­nem Blog www.amliebstengesund.de schreibt er über vie­le Berei­che der Kom­ple­men­tär­me­di­zin, infor­miert und kom­men­tiert gesell­schaft­li­che und poli­ti­sche Ver­än­de­run­gen in der Medi­zin.

Kon­takt: rezeption@amliebstengesund.de

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