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Hormonsystem in der aktuellen Wissenschaft

Das Hormonsystem und die Wechselwirkungen mit den Regulationssystemen sowie die Bedeutung von Umwelteinflüssen

Michael Petersen

Die Bedeu­tung des Hor­mon­sys­tems für die Gesund­heit unseres Organ­is­mus wird in weit­en Kreisen der Medi­zin nach wie vor unter­schätzt. Und dies, obwohl zahlre­iche Erkrankun­gen auf Hor­mon­störun­gen zurück­zuführen sind. Wie wichtig es ist, vor allem im ganzheitlichen Ansatz, zeigt der Überblick zu den neuesten Erken­nt­nis­sen aus den zurück­liegen­den Jahren.

Die Wichtigkeit der ganzheitlichen Betra­ch­tung eines gesund­heitlichen Geschehens verdeut­licht sich ein­mal mehr in ein­er Neuent­deck­ung zu einem Molekül, das nor­maler­weise an der Her­stel­lung der Glück­shormone Sero­tonin und Dopamin beteiligt ist. Das Molekül Tetrahy­dro­biopterin (BH4) steuert neben der Hor­mon­her­stel­lung und dem Stof­fwech­sel auch das Wach­s­tum von T‑Zellen unseres Kör­pers. Dies geschieht über die Reg­u­la­tion des Eisen­stof­fwech­sels und der Funk­tion der Mito­chon­drien. Bei Fehlreg­u­la­tio­nen kann es dazu kom­men, dass T‑Zellen falsch aktiviert wer­den und kör­pereigene Zellen angreifen. Ein Parade­beispiel, wie die Reg­u­la­tion­ssys­teme ineinan­der­greifen. Für die Wis­senschaftler ist das die Bestä­ti­gung dafür, dass man über die Querverbindun­gen ver­schieden­er biol­o­gis­ch­er Sys­teme die erstaunlich­sten Ent­deck­un­gen machen kann. (1)

Eine enge Verzah­nung der bei­den Steuerungssys­teme Hor­mon­sys­tem und Ner­ven­sys­tem haben Wis­senschaftler der Uni­ver­sität des Saar­lan­des bei Mäusen nachgewiesen. Danach ist das Hor­mon­sys­tem direkt mit dem Geruchssinn ver­bun­den. Hier­bei han­delt es sich um eine bes­timmte Unter­gruppe von Sin­neszellen in der Nase. Sie sind fest mit dem Gehirn ver­bun­den und reagieren empfind­lich auf das Hor­mon Pro­lak­tin. Diese Verbindung ist für die Tiere sehr wichtig, denn sie verbinden äußere Sig­nale mit dem inneren hor­monellen Zus­tand. Maßge­blich dafür, ein Ver­hal­ten zu zeigen, das ein­er bes­timmten phys­i­ol­o­gis­chen Sit­u­a­tion angemessen ist. Je nach Pro­lak­tin­spiegel wird das soziale Ver­hal­ten bee­in­flusst. (2)

Bluthochdruck kann häu­figer hor­monell bed­ingt sein als bis­lang angenom­men. Hin­ter­grund dafür ist, dass diese Ursachen sel­tener erkan­nt wer­den. Rund vier bis zwölf Prozent der Bluthochdruck-Patien­ten lei­den unter einem der­art gestörten Hor­mon­sys­tem, ver­muten Experten der Deutschen Gesellschaft für Endokri­nolo­gie. Beispiel­sweise kommt es beim Conn-Ade­nom – einem Tumor in der Neben­nieren­rinde – zu ein­er erhöht­en Aldos­teronauss­chüt­tung und in der Folge zu Bluthochdruck. (3) Die Bedeu­tung des Darms als Ver­dau­ungssys­tem und für die Immunab­wehr ist hin­länglich bekan­nt. Was aber auch nicht überse­hen wer­den darf:
Der Darm ist zugle­ich das größte Hor­mon­sys­tem des men­schlichen Kör­pers.

Spezielle Zellen, soge­nan­nte enteroen­dokrine Zellen, schaf­fen mehr als zwanzig ver­schiedene Hor­mon­typen, die Sig­nale an das Gehirn und die Bauch­spe­ichel­drüse schick­en, um dort Prozesse auszulösen. Hierüber steuern sie die Nahrungsauf­nahme und reg­ulieren den Blutzuck­er­spiegel sowie den Energiehaushalt. Diese endokri­nen Zellen bilden sich aus Darm­stam­mzellen und erneuern sich ständig alle drei bis vier Tage. Wis­senschaftler des Helmholtz-Zen­trums München haben inzwis­chen her­aus­ge­fun­den, wie das funk­tion­iert. Danach bilden Darm­stam­mzellen für jede Abstam­mungslin­ie unipo­tente Vor­läuferzellen.

Außer­dem ent­deck­ten sie einen neuen Sig­nal­weg, der diese Selb­sterneuerung reg­uliert. Täglich entste­hen dabei mehr als 100 Mil­lio­nen Zellen. Diese gigan­tis­che Maschiner­ie lässt bess­er ver­ste­hen, dass es bei Fehlern in den Selb­sterneuerungs- und Zelld­if­feren­zierung­sprozessen häu­fig zu chro­nis­chen Erkrankun­gen kom­men kann und das Risiko dafür recht hoch ist. (4)

Die Hormone unter dem Einfluss der Umwelt

In den zurück­liegen­den Jahren wurde umfan­gre­ich zu der Frage geforscht, wie sich die Umwelt auf unser Hor­mon­sys­tem auswirkt. Mehr als 1.000 Sub­stanzen gel­ten als soge­nan­nte endokrine Dis­rup­toren. Benan­nt nach ihren stören­den Ein­flüssen auf hor­monelle Vorgänge im men­schlichen Organ­is­mus wer­den sie oft auch als Umwelthor­mone beze­ich­net. Bere­its geringe Konzen­tra­tio­nen kön­nen zu gesund­heitlich rel­e­van­ten Beein­träch­ti­gun­gen führen. Unter anderem wer­den Übergewicht, Dia­betes und Entwick­lungsstörun­gen bei Kindern mit ihnen in Zusam­men­hang gebracht. Dementsprechend fordern endokri­nol­o­gis­che Fachge­sellschaften weltweit, dass solche Sub­stanzen aus dem Verkehr gezo­gen und neue chemis­che Sub­stanzen auf ihre Unbe­den­klichkeit über­prüft wer­den. (5)

Ein solch­er endokriner Dis­rup­tor ist Ben­zophe­non. Er entste­ht beispiel­sweise, wenn sich der UV-Fil­ter Octocrylen im Laufe der Zeit zer­set­zt. Dieser Fil­ter ist in vie­len Son­nen­cremes enthal­ten. Wis­senschaftler empfehlen deshalb, stets nur frische Son­nen­cremes zu ver­wen­den, um möglicher­weise zu hohe Ben­zophe­nonkonzen­tra­tio­nen zu ver­mei­den. (6)

Mikro­plas­tik­teilchen find­en sich nicht nur in den Welt­meeren, wen­ngle­ich sie dort ihre unrühm­liche Berühmtheit erlangt haben, son­dern immer mehr auch an Land, in den Böden und Bin­nengewässern. Beson­ders prob­lema­tisch ist, dass sie beim Zer­fall neue physikalis­che und chemis­che Eigen­schaften entwick­eln, die sich tox­isch auf den Organ­is­mus auswirken. So treten beispiel­sweise die hor­monellen Dis­trib­u­toren Phta­late und Bisphe­nol A aus. Außer­dem kön­nen die kle­in­sten Teilchen Entzün­dun­gen aus­lösen, Zell­bar­ri­eren und die Blut-Hirn-Schranke über­winden und vieles mehr. (7)

Kün­stlich­es Licht in der Nacht, die soge­nan­nte Lichtver­schmutzung, kann sich neg­a­tiv auf das Hor­mon­sys­tem und die Ver­hal­tensweise bei Lebe­we­sen auswirken. Das haben Forsch­er beim Ver­such­sob­jekt des tro­pis­chen Süßwasser­fischs Gup­py nachgewiesen. In seinen Ver­hal­tensweisen am Tag zeigten sich Stres­sanze­ichen. Auch der Men­sch reagiert auf nächtlich­es Licht ähn­lich. So fan­den sich bei Feuer­wehrleuten in der Nachtschicht erhöhte Cor­ti­sol­spiegel. Ein klares Zeichen für Stress. (8)

Kommt es zu dauer­haftem Stress, durch ständi­ge Über­reizung und Über­forderung, kann das gesamte Hor­mon­sys­tem aus dem natür­lichen Gle­ichgewicht ger­at­en, von dem es sich erst über Monate bis hin zu Jahren erholt. In der Folge kommt es zu gesund­heitlichen Beein­träch­ti­gun­gen, die von Schlaf­störun­gen und beein­trächtigtem Denkver­mö­gen bis hin zu schw­eren Erkrankun­gen wie Bluthochdruck, Krebs und Depres­sio­nen reichen. Stress hat zunächst eine natür­liche und wichtige Funk­tion, um Belas­tungssi­t­u­a­tio­nen zu bewälti­gen. Dafür gibt es die soge­nan­nte Stres­sachse – die Aktivierungs­kette von Hypo­thal­a­mus über die Hir­nan­hang­drüse bis hin zu den Neben­nieren.

Prob­lema­tisch wird es, wenn es zu chro­nisch anhal­ten­dem Stress kommt.

Dadurch wer­den die Regelkreise auch ander­er Hor­mon­sys­teme des Kör­pers in Mitlei­den­schaft gezo­gen, beispiel­sweise bei der Pro­duk­tion von Geschlecht­shormo­nen oder der Regelkreise des Immun­sys­tems. (9)

Frei­willig gewählte Ein­flüsse kön­nen das Hor­mon­sys­tem nach­haltig stören. So beispiel­sweise eine Kreb­s­ther­a­pie. Nach ein­er Kreb­serkrankung bere­its in jun­gen Jahren haben betrof­fene Frauen ein erhöht­es Risiko für die Nei­gung zur Blut­gerin­nung und gestörten Gefäßstruk­turen und damit für Herz­erkrankun­gen. Hin­ter­grund dafür ist, dass Chemo- und Strahlen­ther­a­pi­en das Hor­mon­sys­tem beein­trächti­gen. Betrof­fen hier­bei sind vor allem die das Herz und die Gefäße schützen­den Östro­gene. (10)

Das Hor­mon­sys­tem kann aber auch durch Umwel­te­in­flüsse über einen Umweg belastet wer­den. So binden Nanopar­tikel an Dar­m­mikroor­gan­is­men und bee­in­flussen deren Leben­szyk­lus. Ander­er­seits ist das Hor­mon­sys­tem auf ein intak­tes Dar­m­mikro­biom angewiesen. Störun­gen des Dar­m­mikro­bio­ms durch Umwelt­be­las­tun­gen kön­nen damit das Hor­mon­sys­tem beein­trächti­gen. (11)

Fazit

Die neuen Erken­nt­nisse zeigen, wie vielfältig und kom­plex die Ein­flüsse des Hor­mon­sys­tems auf unsere Gesund­heit sind. Wegen ihrer steuern­den Funk­tion kommt es zu Wech­sel­wirkun­gen mit sämtlichen Reg­u­la­tion­ssys­te­men unseres Organ­is­mus. Beson­ders fatal ist es, wenn dann auch noch zahlre­iche Umwel­te­in­flüsse hinzukom­men.

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Das voll­ständi­ge Lit­er­aturverze­ich­nis liegt der Redak­tion vor und kann bei Bedarf ange­fragt wer­den.

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Bücher des Autors:

Vom schmerz zur Heilung Dem Stoffwechsel auf die Sprünge helfen mit Thyreogym Buch Schluss mit den schmerzen Der Durchblick Buchcover

Übersäuerung Nein, Danke! Perspektiven bei Autismus  


Über den Autor:

Michael Petersen

Michael Petersen ist Heil­prak­tik­er und war über viele Jahre in ein­er großen Prax­is tätig. Dabei lernte er das gesamte Spek­trum der ganzheitlichen Medi­zin ken­nen. Sein Schw­er­punkt lag in der Biores­o­nanzther­a­pie. Heute gibt er sein Wis­sen aus über 20 Jahren als Autor und Online-Redak­teur zu The­men der ganzheitlichen Medi­zin, sowie zu seinem Schw­er­punk­t­the­ma Biores­o­nanz nach Paul Schmidt, weit­er. Er ist Autor mehrerer Büch­er (z.B. „Vom Schmerz zur Heilung“) sowie zahlre­ich­er eRe­ports.

Kon­takt: www.mediportal-online.eu

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