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Angela Bechthold
Sinn und Unsinn von Nahrungsergänzungsmitteln
Hast du schon einmal darüber nachgedacht, wie viele winzige, unsichtbare Stoffe dafür sorgen, dass dein Körper reibungslos funktioniert? Nahezu all seine Arbeit und die Gesundheit hängen von Vitaminen und Mineralstoffen sowie Spurenelementen ab. Deshalb sind diese sogenannten Mikronährstoffe essentiell, also lebensnotwendig. Da dein Körper nicht alle diese lebensnotwendigen Stoffe selbst herstellen kann, ist er auf die Zufuhr mit der Nahrung angewiesen.
Die Sorge, mit der üblichen Ernährung nicht genügend Vitamine und Mineralstoffe zu sich zu nehmen, ist weit verbreitet. Aber ist es wirklich notwendig, die Nahrung mit Mikronährstoffen zu ergänzen?
Mikronährstoffe mit großer Bedeutung für die Gesundheit
Im Gegensatz zu den Makronährstoffen (wie Eiweiß und Fett) benötigen wir Mikronährstoffe nur in kleinen Mengen (Milligramm oder Mikrogrammbereich). Trotzdem kann ihr Fehlen sowohl den Stoffwechsel als auch die Gesundheit aus dem Lot bringen. Denn viele Vitamine und Spurenelemente sind beispielsweise unentbehrlich, damit die Enzyme – die Biokatalysatoren in unserem Körper – aktiv sein und etwa Energie für Muskel- und Denkarbeit bereitstellen können.
Außerdem sind Mineralstoffe u.a. Bestandteil unserer Zähne und Knochen oder als Elektrolyte im Blut wichtig für den Wasserhaushalt und den Blutdruck. Mikronährstoffe wirken selten für sich allein. Oft greifen sie wie Zahnräder ineinander und unterstützen sich gegenseitig bei ihren Aufgaben. Der Körper braucht beispielsweise sowohl Calcium als auch Vitamin D, um gesunde Knochen aufzubauen. Und für die Psyche ist es wichtig, ausreichend mit Magnesium und verschiedenen B-Vitaminen versorgt zu sein.
Sowohl Mangel als auch Überdosierung können krank machen
Früher waren schwere Vitaminmangelkrankheiten wie Blindheit durch fehlendes Vitamin A oder Skorbut bei Vitamin-C-Mangel weit verbreitet. Dank der Forschung und der Verfügbarkeit von nährstoffreichen Lebensmitteln gehören diese Krankheiten in unseren Breiten heute der Vergangenheit an. Dennoch gibt es verschiedene Gesundheitsprobleme, die durch einen Mangel bestimmter Mikronährstoffe entstehen können. Beispielsweise kann ein Eisenmangel zur Blutarmut (Anämie) führen, während ein Vitamin-D-Mangel dazu beitragen kann, dass die Knochen brüchig werden (Osteoporose).
Doch nicht nur ein Mangel, sondern auch ein Zuviel kann der Gesundheit schaden. Das heißt, es ist durchaus möglich, zu viel von den an sich lebensnotwendigen Vitaminen und Mineralstoffen zu sich zu nehmen. Aber keine Sorge, mit der normalen Ernährung kann das kaum passieren. Wer jedoch regelmäßig hochdosierte Nahrungsergänzungsmittel einnimmt und viele angereicherte Lebensmittel verzehrt, riskiert eine Überdosis mit schädlichen Nebenwirkungen.
Ab welcher regelmäßig überschrittenen Menge es gefährlich werden könnte, sagt die von der EFSA (Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit) benannte tolerierbare Gesamtzufuhrmenge (tolerable upper intake level). Diese ist von Nährstoff zu Nährstoff unterschiedlich hoch. Von Vitamin D beispielsweise sollten es auf keinen Fall mehr als 100 Mikrogramm täglich sein, da sonst Nierensteine oder Nierenverkalkung auftreten können.
Das heißt, zusätzlich Vitamine und Mineralstoffe über Nahrungsergänzungsmittel zu konsumieren, kann unter Umständen schädlich sein. Ein hochdosiertes Vitamin- oder Mineralstoffpräparat solltest du deshalb immer nur gezielt einnehmen, wenn bei dir tatsächlich ein Mangel oder das Risiko für eine Unterversorgung besteht. Kläre also mit Fachleuten, ob das auf dich zutrifft, bevor du deine Nahrung ergänzt.
Eine bunte Ernährung ist die beste Nährstoffquelle
Die Sorge, mit der üblichen Ernährung zu wenige Vitamine und Mineralstoffe zu sich zu nehmen, ist im Allgemeinen unnötig. Eine Nahrungsergänzung ist i.d.R. also nicht notwendig, da wir uns mit den hierzulande verfügbaren Lebensmitteln ausgewogen ernähren können. So können wir ausreichend Mikronährstoffe aufnehmen – mit Ausnahme von Vitamin D. Dieses ist eigentlich gar kein echtes Vitamin, da wir es im Körper durch Sonnenbestrahlung der Haut selbst bilden können.
Und der Vorteil, die Vitamine und Mineralstoffe über eine bunte Ernährung mit möglichst naturbelassenen Lebensmitteln aufzunehmen, liegt darin, dass diese nicht nur die meisten Mikronährstoffe in ausreichender Menge liefern, sondern auch andere gesundheitsfördernde Mitspieler wie Ballaststoffe und sekundäre Pflanzenstoffe.
Für den Stoffwechsel und die Gesundheit ist also die vielfältige Zusammensetzung der Inhaltsstoffe in ihrem natürlichen Verbund wichtig.
Eine solche gesundheitsfördernde Ernährung ist reich an Gemüse, Obst, Vollkornprodukten und Hülsenfrüchten. Sie enthält gesunde Fette wie Raps- und Olivenöl und wenig rotes Fleisch und Wurst sowie am besten keinen Alkohol.
Die Wirkung steigt nicht mit der Menge: Von einer isolierten Extradosis an Vitaminen und Co. ist kein zusätzlicher Effekt zu erwarten, sofern sie nicht einen Mangel ausgleicht. Entsprechende Nahrungsergänzungsmittel machen also nicht automatisch fitter und gesünder – auch wenn die Werbung oft anderes suggeriert.
In bestimmten Fällen ist eine Nahrungsergänzung sinnvoll oder sogar notwendig
Ausnahmen bestätigen jedoch die Regel. Denn in bestimmten Lebensphasen oder bei besonderen Ernährungsweisen sollten auch ansonsten gesunde Menschen ihre Ernährung ergänzen, um ihren Bedarf an einzelnen Mikronährstoffen zu decken.
Dies ist etwa in der Schwangerschaft und Stillzeit, im Säuglings- und Kleinkindalter sowie im höheren Lebensalter der Fall. Schwangere und Stillende sollten zusätzlich Folsäure und Jod einnehmen, bei Kindern müssen Vitamin K, Vitamin D und Fluorid ergänzt werden, damit sie sich optimal entwickeln können.
Menschen, die sich vegan ernähren und keine tierischen Lebensmittel essen, müssen Vitamin B12 unbedingt supplementieren, da es in rein pflanzlicher Nahrung von Natur aus fehlt. Auch andere Nährstoffe, für die Fleisch, Milch und Milchprodukte oder Eier gute Quellen sind, können bei vegan lebenden Menschen kritisch sein, wie z.B. Eisen oder Vitamin B2.
Das Vitamin D kann bei denjenigen fehlen, die sich nie oder nur mit bedeckter Haut oder Sonnenschutz in der Sonne aufhalten. Denn über die Ernährung nehmen wir nur wenig davon auf. Auch Menschen mit dunkler Hautfarbe oder im höheren Lebensalter können nicht ausreichend mit dem Sonnenvitamin versorgt sein, weil sie weniger davon im Körper herstellen können.
Solltest du zu einer der genannten Personengruppen gehören, empfehlen dir Fachgesellschaften die Einnahme von bis zu 20 Mikrogramm bzw. 800 Internationale Einheiten (IE) Vitamin D pro Tag, um einen guten Vitamin-D-Status zu erreichen. Bei Säuglingen sollten es 10 Mikrogramm (400 IE) pro Tag sein.
Eine weitere Gruppe mit erhöhtem Risiko für eine unzureichende Versorgung mit Mikronährstoffen sind Menschen mit bestimmten Stoffwechselstörungen oder Krankheiten wie etwa chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen. Diese können dazu führen, dass der Bedarf an Vitaminen und Mineralstoffen steigt oder nicht gedeckt werden kann.
Neben einem erhöhten Bedarf kann auch eine eingeschränkte Lebensmittelauswahl der Grund für eine kritische Nährstoffversorgung sein. Außerdem kann die Einnahme bestimmter Medikamente die Aufnahme und den Stoffwechsel der Mikronährstoffe im Körper beeinträchtigen. So begünstigt beispielsweise das bei Typ-2-Diabetes eingesetzte Medikament Metformin einen Vitamin-B12-Mangel.
Zu beachten ist unbedingt auch, dass zusätzlich eingenommene Vitamine und Mineralstoffe mit Medikamenten wechselwirken können.
Die Einnahme von Eisen kann z.B. das gleichzeitig eingenommene Schilddrüsenhormon Thyroxin blockieren, und auch Folsäure kann den Spiegel von Medikamenten gegen Epilepsie senken.
Fazit
Die meisten Menschen können ihren Bedarf an Vitaminen und Mineralstoffen durch eine nährstoffreiche Ernährung decken. Nahrungsergänzungsmittel sind daher i.d.R. unnötig. Sie können sogar gefährlich sein, wenn sie über einen längeren Zeitraum eine zu hohe Dosis eines oder mehrerer Mikronährstoffe liefern.
Für manche Menschen ist es jedoch sinnvoll oder sogar notwendig, bestimmte Mikronährstoffe gezielt einzunehmen. Sprich vor einer Einnahme am besten mit Fachleuten, ob und welche Mikronährstoffe in deiner individuellen Situation sinnvoll sind.
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Über die Autorin:

Angela Bechthold ist promovierte Ernährungswissenschaftlerin und Fachjournalistin (FJS). Sie war 15 Jahre an der Schnittstelle von Wissenschaft und Praxis bei der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. tätig. Heute arbeitet sie als freie Wissenschaftsjournalistin und recherchiert und schreibt schwerpunktmäßig über Themen rund um Ernährung und Gesundheit.
Kontakt: www.angela-bechthold.de
Beitrag-Foto: © Stones Gucci - pixabay.com
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